Einführung
Versuche spielen als Erkenntnismittel in der Agrarforschung und der Umsetzung von Forschungsergebnissen in die landwirtschaftliche Praxis eine zentrale Rolle. Dabei verfügt die Agrarforschung über mehrere Versuchstypen, von denen jeder für die einzelnen Stufen des Erkenntnisprozesses eine spezifische Bedeutung und Rechtfertigung hat. Bei der Auswahl des jeweils geeigneten Versuchstyps geht es stets darum, die Einhaltung der biometrischen Prinzipien zur Durchführung von Versuchen mit einer größtmöglichen Nähe zur landwirtschaftlichen Produktion zu verbinden. Gerade unter dem Gesichtspunkt einer kontrollierten Präzision und Konstanthaltung von Störgrößen haben Parzellenversuche eine herausragende Bedeutung. Das wird auch in Zukunft so bleiben. Daneben rücken aber Untersuchungen unter Produktionsbedingungen, sog. „On Farm Experimente“ (OFE), zunehmend in das Blickfeld des Interesses. Ausgelöst vor allem durch neue technische Entwicklungen bietet sich damit die Möglichkeit, eine abschließende Bewertung von Forschungsergebnissen direkt im Produktionsfeld vorzunehmen. Das ist ein großer Vorteil von OFE. Die damit verbundenen Erwartungen werden sich aber nur erfüllen, wenn man OFE als einen Versuchstyp begreift, für den die biometrischen Prinzipien der Planung und Auswertung vom Grundsatz ebenso gelten wie für jeden anderen Versuchstyp auch. Dieser Sachverhalt wird oft nicht ausreichend beachtet.
Davon abgeleitet hat die Arbeitsgruppe Landwirtschaftliches Versuchswesen der Deutschen Region der Biometrischen Gesellschaft federführend in Zusammenarbeit mit der Arbeitsgruppe Versuchswesen der Gesellschaft für Pflanzenbauwissenschaften, dem Arbeitskreis Biometrie und Versuchsmethodik der Deutschen Phytomedizinischen Gesellschaft, der Arbeitsgruppe Biometrie und Bioinformatik der Gesellschaft für Pflanzenzüchtung einen Leitfaden mit den biometrischen Grundsätzen für die Planung und Auswertung von OFE erarbeitet. Die Erarbeitung erfolgte in enger Abstimmung mit dem Fachausschuss "Versuchswesen in der Pflanzenproduktion" der Deutschen Landwirtschaftsgesellschaft.
Der Leitfaden richtet sich vorrangig an den Personenkreis, der diese Versuche plant, durchführt und auswertet. Die wichtigsten Aussagen wurden in 10 Thesen (Thesen zum Leitfaden) zusammengefasst. Entsprechend dieses Adressatenkreises wurde der Schwerpunkt bewusst auf die biometrische Methodik gelegt. Damit lässt sich eine Spezifik und Darstellung von Details nicht vermeiden, um mit dem Leitfaden für diesen Nutzerkreis tatsächlich eine wirksame Unterstützung zu liefern.
Natürlich sind die allgemeinen Grundsätze auch für andere Zielgruppen von Interesse. Hier sind zunächst die Führungskräfte in Bundes- und Länderbehörden, Landwirtschaftskammern und Landesanstalten zu nennen, die selbst keine Versuche durchführen, deren Durchführung aber anweisen und kontrollieren. Für diese Zielgruppe wurde ebenfalls ein Thesenpapier erarbeitet (Thesen für Entscheider). Als weitere sehr bedeutsame Zielgruppe ergeben sich die Landwirte, die an der Durchführung von OFE in ihrem Betrieb oder an der Nutzung von OFE-Ergebnissen für die eigene Entscheidungsunterstützung interessiert sind. Auch für diese Zielgruppe sind die Aussagen in Thesen (Thesen für Landwirte) zusammengefasst.
Ein weiterer Abschnitt umfasst Beispiele für die Auswertung von OFE. Hiermit wird die Zielstellung verbunden, an praktischen Beispielen die im Leitfaden dargestellten methodischen Grundsätze zu untermauern. Weiter sollen die Beispiele die große Breite der für OFE bedeutsamen Fragestellungen sowie damit verbundenen Modifikationen der Versuchsdurchführung und Auswertungsmodelle zeigen, die im Leitfaden nicht vollständig abgebildet werden kann. Der Bereich der praktischen Versuche soll schrittweise zu einer Beispielsbibliothek ausgebaut werden (siehe auch OFE-Workshop in Kassel 2011).